(NACHTRAG)
Laut Simmel entwickelt sich die Mode aus einem Spannungsverhältnis von Nachahmung und Absonderung heraus: das Individuum möchte einerseits mit der sozialen Gruppe verschmelzen, was ihm die Sicherheit gibt, in seinem Handeln nicht allein zu stehen, und sich andererseits individuell herausheben. Sie vereint diese beiden Tendenzen, indem sie etwas Allgemeines, ein gegebenes Muster, zum Maßstab macht, und gleichzeitig das Unterschiedsbedürfnis befriedigt durch einen Wechsel der Inhalte.
Deutlich wird das außerdem daran, dass Moden immer Klassenmoden sind, d.h. die Moden der höheren Schichten unterscheiden sich von denen der tieferen. Die Mode ermöglicht so den Anschluss an die Gleichgestellten und eint diese, und schließt sie gleichzeitig gegen die Tieferstehenden ab. Sobald letztere die Mode der höher gestellten Stände nachahmen, weil sie nach oben streben, überschreiten sie damit eine Grenze und die Höherstehenden wenden sich einer neuen Mode zu, um sich erneut abzugrenzen.
Dass sich für die Gestaltung der Mode in vielen Fällen keinerlei sachliche, ästhetische oder sonstige Zweckmäßigkeit feststellen lässt, sieht Simmel als Beweis dafür, dass die Mode ein bloßes Erzeugnis sozialer bzw. formal psychologischer Bedürfnisse ist. Ihre Zufälligkeit und Abstraktheit zeige ihre völlige Gleichgültigkeit gegen die sachlichen Normen des Lebens und gerade dieses Merkmal lasse sie überhaupt erst als Mode wirken.
Literatur:
Georg Simmel, „Die Mode“, in: Ders., Philosophische Kultur. Über das Abenteuer, die Geschlechter und die Krise der Moderne. Gesammelte Essais(zuerst 1923), Berlin 1983, S. 26-51.
Georg Simmel, „Die Mode“, in: Ders., Philosophische Kultur. Über das Abenteuer, die Geschlechter und die Krise der Moderne. Gesammelte Essais(zuerst 1923), Berlin 1983, S. 26-51.