In dem
Kapitel „Die Beiträge des ‚ICH‘ und des ‚Ich‘“ aus George Herbert Meads „Geist,
Identität und Gesellschaft“ definiert der Autor diese beiden Begriffe als
verschiedene Bestandteile der Identität eines Menschen.
Merkmale
des „ICH“
- Mitglied in einer gesellschaftlichen Gruppe
- reagiert
auf die organisierten Haltungen der anderen, die wir als gegeben ansehen und
die in der Folge unser eigenes Verhalten bestimmen
-> Konventionen, gesellschaftliche Kontrolle (Werte der Gesellschaft = Werte des ICH) - gibt dem „Ich“ die Form / bestimmt den Ausdruck des „Ich“ /zensiert das „Ich“
- kann allerdings auch durch die Situation bestimmt werden -> weniger Kontrolle (z.B. bei gewalttätigem Ausdruck zur Selbstbehauptung)
Merkmale
des „Ich“
- Impulsives, unkontrolliertes Verhalten und spontanes Handeln
- Innovation
- Forderung nach Unkonventionellem (-> z.B. Ausdruck in der modernen Kunst)
- Kann das „ICH“ dominieren, wenn durch Druck Grenzen überschritten werden (z.B. bei gewalttätigem Ausdruck zur Selbstbehauptung)
Diese beiden Phasen der Identität stehen sich also gegenüber und können in ihrem wechselseitigen Verhältnis Spannung erzeugen. Ein Existieren der Identität wäre allerdings ohne die jeweils andere nicht möglich.
Im Normalfall funktionieren sie gemeinsam und sorgen für einen Ausgleich: der Einzelne findet sich in einer Situation, die von einem konventionell geprägten Rahmen bestimmt wird; durch das „ICH“ hält es zwar diese Grenzen ein, durch das „Ich“ fügt es aber individuelle Handlungen ein, was seine eigene Identität in der Gesellschaft bestimmt und dieser Ausdruck verleiht. Das ist dann möglich, wenn ein Mensch in einer Situation selbstständig handeln kann, wenn er Verantwortung übernehmen und Dinge auf seine persönliche Weise verwirklichen kann, wenn er also mehr als nur „ICH“ sein kann. Besonders befriedigt ist man dabei, wenn das „ICH“ den impulsiven Ausdruck des „Ich“ sogar unterstützt statt begrenzt.
Zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft, in der er lebt, besteht so immer eine wechselseitige Beziehung, da die beiden Entitäten sich gegenseitig prägen – ein Individuum passt sich an seine Umwelt an, beeinflusst durch seine Veränderung aber gleichzeitig die Welt, in der er lebt (entweder positiv, z.B. durch Führerpersönlichkeiten wie große Künstler oder religiöse Führer, die eine Gemeinschaft in hohem Maß bereichern und erweitern können, oder negativ, z.B. bei einem gewaltvollen Mob, wenn die Reaktion des „Ich“ den gesellschaftlichen Zustand verschlechtert).
Literatur:
Mead, George Herbert: "Die Beiträge des "ICH" und des "Ich""; "Die gesellschaftliche Kreativität der Identität". In: Charles W. Morris (Hg.): Geist, Identität und Gesellschaft. Aus der Sicht des Sozialbehaviorismus. Frankfurt 1968. S. 253-266).
Mead, George Herbert: "Die Beiträge des "ICH" und des "Ich""; "Die gesellschaftliche Kreativität der Identität". In: Charles W. Morris (Hg.): Geist, Identität und Gesellschaft. Aus der Sicht des Sozialbehaviorismus. Frankfurt 1968. S. 253-266).
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