Mauss untersucht in seinem Text das soziale Phänomen des
Austauschs von Gaben in archaischen Gesellschaften.
Dabei stellt er zunächst fest, dass frühere Wirtschafts- und
Rechtsordnungen fast ausschließlich den Austausch zwischen Kollektiven, z.B.
ganzen Clans oder Stämmen, betreffen, oft geschieht er durch Vermittlung ihrer Häuptlinge. Bei den Gütern geht es seltener um
materielle Reichtümer, sondern vielmehr
um Höflichkeiten, Rituale, Feste und Ähnliches.
Solche Leistungen und Gegenleistungen werden in einer freiwillig erscheinenden Form gebracht, also als eine Art Geschenk, dabei sind sie meist vorgeschrieben und verpflichtend.
All das wird unter dem Begriff System der totalen Leistungen zusammengefasst.
Solche Leistungen und Gegenleistungen werden in einer freiwillig erscheinenden Form gebracht, also als eine Art Geschenk, dabei sind sie meist vorgeschrieben und verpflichtend.
All das wird unter dem Begriff System der totalen Leistungen zusammengefasst.
Eine totale Leistung besteht immer aus drei Verpflichtungen:
- Geschenke machen
- Geschenke annehmen
- Geschenke erwidern
Sich zu weigern, diesen Verpflichtungen nachzukommen, käme
einer Kriegserklärung gleich, da man dadurch gleichsam Freundschaft und
Gemeinschaft verweigert.
Der Austausch kann alles umfassen – Nahrung, Familie, Besitz, Arbeit,… – und wird zu einem ständigen Geben und Nehmen zwischen verschiedenen Individuen, Clans, Generationen usw.
Der Austausch kann alles umfassen – Nahrung, Familie, Besitz, Arbeit,… – und wird zu einem ständigen Geben und Nehmen zwischen verschiedenen Individuen, Clans, Generationen usw.
Dieses System gibt es offensichtlich auch heute noch in vielen
Kulturen, wenn auch in abgeschwächter Form. Insbesondere im östlichen Raum
gibt es ähnliche unausgesprochene Verpflichtungen, vor allem die Gastfreundschaft betreffend.
Bei Bekannten aus Eritrea und Jordanien, die jetzt in Deutschland wohnen, fällt
mir immer wieder auf, wie viel Wert in ihren Kulturen darauf gelegt wird: Kommt
man zu Besuch, wird sofort Tee und Gebäck angeboten, ein höfliches „Nein, danke“
wird selten akzeptiert und scheint die Gastgeber tatsächlich zu kränken; auch
Erklärungen, wie etwa dass man gerade erst gegessen habe, sind wirkungslos. Sie
sind es gewohnt, dass ein solches Angebot ganz selbstverständlich angenommen
wird, genauso wie sie selbst als Gast nie ablehnen würden, wenn man ihnen etwas
anbietet. Es geht nicht darum, ob man vielleicht hungrig ist oder gerade
sowieso Zeit zum Kaffee trinken, sondern einfach darum, den sozialen Kontakt,
die Beziehung, zu pflegen und das freundschaftliche Band durch diesen einfachen
Akt auszudrücken.
Literatur:
Mauss, Marcel: Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1990, S. 20-25,S. 36-44.
Mauss, Marcel: Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1990, S. 20-25,S. 36-44.