Donnerstag, 26. November 2015

René Girard: Das Heilige und die Gewalt


Im Folgenden fasse ich einige Aussagen, die Girard im Textauszug zum Ritual des Opferns trifft, stichpunktartig zusammen.

  •  Das Ritualopfer beruht auf dem Konzept der Stellvertretung:
    Gewalt, die in einer Gesellschaft die eigenen, zu schützenden Mitglieder treffen könnte, wird auf ein anderes Individuum geleitet, dessen Tod unbedeutend(er) ist
  •  Im Opferkult sind diese Opfer fast immer Tiere
     ->
    als Opfer geeignet, wenn es dem nicht opferfähigen Lebewesen (Mensch) sehr ähnlich ist, der Unterschied allerdings noch klar genug erkennbar ist
     
    -> bei Menschenopfern fallen Außenseiter der Gesellschaft – z.B. Sklaven/Feinde – in die Kategorie „opferfähig“ (entscheidende Eigenschaft: keine soziale Beziehung zwischen Gemeinschaft und Opfer)
  • Ziel der Opferstellvertretung: die Gewalt soll als Feindin überlistet werden
    -> interne Gewalttätigkeiten sollen besänftigt und das Ausbrechen von Konflikten verhindert werden
  • die Opferung ist oft vorbeugend, Verbindung zur Theologie: von Gott wird angenommen, er verlange Opfer, damit sein Zorn besänftigt wird
    Anmerkung: An dieser Stelle fände ich es persönlich sehr interessant, diese Vorstellung in den verschiedenen Glaubensrichtungen zu untersuchen und vergleichen, da die genaue Funktion des Opfers in diesem Zusammenhang sicher etwas unterschiedlich ist, entsprechend der verschiedenen Gottesbilder. Das ginge aber schon sehr in die Theologie hinein.

  • Beispiele:
    Bibel:
    Kain und Abel, Jakobs Segnung durch seinen Vater Isaak
    griechische Mythologie:
    Odysseus‘ Flucht vor dem Zyklopen, Kindermord der Medea




Literatur:
René Girard: Das Heilige und die Gewalt, Frankfurt a.M.: Fischer Taschenbuch Verlag, 1992, S. 53 - 65.

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